: fallen, fettnäpfe & entscheidungen
Fünf Menschen proben eine Benefiz-Veranstaltung. Dabei streiten und versöhnen sie sich, reden aneinander vorbei oder missverstehen sich gründlich, argumentieren, verzweifeln und versuchen dennoch, Gemeinsamkeit herzustellen. Die Fragen, die sie sich stellen, sind auch die unseren: Warum und wofür spenden wir eigentlich? Nehmen wir damit unsere Verantwortung wahr und helfen anderen – oder tun wir uns selbst etwas Gutes, beruhigen nur unser schlechtes Gewissen? Geht eigentlich beides gleichzeitig? Ist diese Frage überhaupt relevant? Wie muss eine Benefiz-Veranstaltung aussehen, die diesen Fragen Rechnung trägt? Ingrid Lausund, eine der wichtigsten Komödienautorinnen ihrer Generation, treibt ihre Figuren in alle Fallen, Fettnäpfe, großen und kleinen Fragen, Eitelkeiten und Sehnsüchte hinein, die sich an das Thema „Benefiz“ anknüpfen, und konfrontiert uns mit unseren eigenen Verlegenheiten, die wir so gerne ignorieren würden.
Seit den 1960er Jahren gibt es die staatliche
Entwicklungshilfe, 1985 fand das berühmte
„Live Aid“-Benefiz-Konzert in London und
Philadelphia statt. Mittlerweile spricht man
von „Entwicklungszusammenarbeit“, die
Anzahl der Hilfsorganisationen, die Spenden
sammeln, wächst seitdem kontinuierlich.
Immer mehr Prominente engagieren sich
gegen den Hunger, für mehr Bildung, gegen
Beschneidung von Mädchen oder für Patenschaften
für Kinder in Entwicklungsländern,
sind als UNICEF-Botschafter unterwegs
oder gründen ihre eigenen Organisationen.
Und wir spenden. Laut einer Statistik des Deutschen Spendenrats wurden 2012 in Deutschland rund 4,2 Milliarden Euro gespendet; 22,5 Millionen Menschen spenden im Durchschnitt 29,00 Euro im Jahr. 74 % aller Spenden fließen in humanitäre Hilfe, der Rest in Kultur- und Denkmalpflege, Tierschutz und Umweltschutz.
Und dennoch können wir dem Dilemma nicht
entkommen, dass unsere 29,00 Euro im Jahr
zwar das grundsätzliche Problem nicht lösen
werden und ein Tropfen auf den heißen Stein
sind – und dieses Geld trotzdem Einzelnen
helfen kann. Wir können den Widerspruch
nicht auflösen, dass auf Werbeplakaten der
Spendenindustrie stereotype Bilder um unser
Mitleid heischen, die die Menschen, um die
es geht, zu ewigen Opfern degradieren, ihnen
die Würde und die eigene Stimme nehmen.
Dass die humanitären Einsätze Prominenter
auch der eigenen Publicity dienen. Dass
wir 29,00 Euro im Jahr spenden, aber dafür
unsere Smartphones, Marken-T-Shirts und
unseren Kaffee nur so billig bekommen, weil
dafür Menschen ihre Gesundheit opfern und
um einen gerechten Lohn betrogen werden.
Wir spenden, während Millionen Menschen
aufgrund der Lebensbedingungen ihre Heimat
verlassen, dabei Hunderte von ihnen jährlich
an den Grenzen Europas ihr Leben verlieren
oder aber hierzulande in die Illegalität
gezwungen, ausgegrenzt und ausgebeutet
werden. Es gibt keine Lösung für diesen Widerspruch
– noch. Es gibt nur die persönliche
Entscheidung jedes Einzelnen.
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